Nadine Andrey
Wetter, das, das «war früher ja schon ganz anders»

Auf der Suche nach Möglichkeiten, das täglich erlebte Wetter in eine Ordnung zu bringen, und um zu einer Übersicht dessen zu gelangen, wird hier eine fotografische Sammlung vom Wetter an den dreissig Tagen des Monats April 2021 auf der Allmend in Bern gezeigt. Das Ziel: Die Schönheit des unterschiedlichen Wetters in der Schweiz festzuhalten und gleichzeitig auf dessen Veränderung in den letzten Jahrzehnten – mit nicht geringen negativen Einflüssen auf die Natur – hinzuweisen. Geweckt werden soll das Gefühl der Wertschätzung für und der Ehrfurcht gegenüber dem unterschiedlichen und auch dem schlechten Wetter als eine unmittelbare Verbundenheit der Menschen mit der Natur. Denn es braucht Regen und Wind und Kälte genauso wie Sonne und Wärme, damit es der Natur gut geht. Damit soll unsere Verantwortung für unsere Umwelt verdeutlicht werden.

MA Art Education

Medium: Fotografie, Text, Video

Mentorat Praxis:
Jacqueline Baum
Mentorat Theorie:
Yvonne Schmidt

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Unwetter 1985

Ich schreibe dir, um dir was zu erzählen. Ich habe es gesehen, schon oft, und immer wieder von neuem. Es ist ganz klar, dass es nie aufhören wird, es immer da ist, um uns herum, uns beeinflusst. Es war früher, ich erinnere mich gut, ganz anders. In der Familie wurde so oft darüber diskutiert, darüber verhandelt, wie man damit umzugehen hätte, was nun zu tun wäre in den folgenden Tagen. Ich spürte Freude, Erleichterung und auch Angst. Ich spürte, als Kind, es musste eine Abfolge geben, jeder Phase ihren Platz und ihre Zeit. Ganz langsam, meist, ging das auch ganz gut. Einschneidend in meiner Erinnerung war dieses eine Ereignis. Ich war sechs Jahre alt. Der Tag hatte bereits dieses erstaunliche Licht am Himmel, das die gesamte Welt einzunehmen schien. Es sah ganz wunderschön aus. Es schien verheissungsvoll, doch nicht mit Sicherheit nur gut. Es war früher Nachmittag, denke ich, als meine Mutter plötzlich ganz hastig aber bestimmt mit der geöffneten Flasche gesegnetem Wasser aus dem Küchenschrank in der Hand in die Haustür tritt und mit grossem Schwung einen Schuss davon nach draussen schleudern lässt. Sie murmelt etwas vor sich hin, ein bisschen beherrscht, ein bisschen vibrierte doch ihre Stimme dabei. Es hat nichts genützt! Das grosse Unwetter kam. Der Fluss an Regen und Hagel schwemmte über die gesamte Strasse. Die Bestürzung war gross. Wir schauten zu. Die Pflanzen, die Ernte würde jetzt zerstört werden.

Blau des Himmels

Wie wird das Wetter im beruflichen Alltag wahrgenommen? Wie verhält es sich mit dem persönlichen Empfinden von Wetter von heute oder von früher? Aufgrund dieser Fragestellung wurden die Interviews geführt. Die Interviewpartner*innen waren ein in Rente lebendes Biolandwirt*innenehepaar, ein Betreiber einer Schreinerei, ein Nationalrat der Grünen Partei Schweiz und eine Umweltingenieurin.

„…ihr seid (…) auf einem Bauernhof aufgewachsen und
musstet bereits als Kinder auf dem Hof arbeiten. Habt
ihr so etwas auch nicht erlebt?
Nein, extreme Wetterlagen gab es nicht. Trocken
sowieso nicht, eher mal zu nass. Und kalt.“
Annelies

„Was mir auffällt, im Gegensatz zu früher, ist, dass es
damals [als Kind] nur sehr wenige Abende gegeben hat,
im Sommer, die wirklich warm gewesen sind.
So richtig lauwarm, um ewig draussen zu sein, in kurzen
Hosen und barfuss, und T-Shirt. Das war immer
ein sehr spezielles Ereignis. Das gab’s eventuell einmal
im August, auf jeden Fall im Hochsommer.
Und heute ist das ja schon ganz anders. Das fällt auf.
Das kann man erst seit ein paar wenigen Jahren.“
Christa

„Die Überschwemmung. (…) Mitte achtziger.
Ich weiss noch, der Hund ist in den Keller gerannt,
Mutter hat gesegnetes Wasser zur Haustür
raus geschüttet. Und ich fand es faszinierend, wie so viel
Wasser die Strasse herunter geströmt ist.
Und ich weiss noch, da war im Volvo eine Plastikwanne
im Kofferraum. Damit wollte ich gegen
das Wasser ankommen. Und da habe ich diese Gewalt
gespürt. Diese Wanne hat mich weggedrückt. Es ist mir
nichts passiert, aber es war sehr eindrücklich,
diese Wucht.“
Daniel

„Ich habe das Gefühl, ich als Kind habe früher viel mehr
Gewitter erlebt. Diese gibt es heute kaum noch.
Früher war das ganz klar, dass es regelmässig,
fast alle zwei, drei Tage ein Gewitter gegeben hat.
Und heute nichts mehr.“
Patrik

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